Feuerwehren erproben Schreckensszenario im Lohbergtunnel


Neues Einsatzkonzept wird von Feuerwehren ausgiebig erprobt

Durch den ADAC 2010 mit Bestnoten zu einem der sichersten Tunnel in Deutschland ausgezeichnet trägt auch die Freiwillige Feuerwehr Mühltal ihren Teil zum Bestand dieser Auszeichnung bei. Laut Testleiter Nicolas Adunka vom ADAC sei der Lohbergtunnel ein Beispiel dafür, dass auch ein einröhriger Tunnel gut abschneiden könne. Besondere Gegebenheit sei der separate Fluchtstollen. Die Feuerwehr Mühltal versucht nach den großen Tunnelunglücken in Mont-Blanc und im Gotthard-Tunnel immer wieder aus den Einsätzen und Erfahrungen der dort tätigen Einsatzkräften zu lernen und Erfahrungen auszutauschen. So geschehen bei einem, im Feuerwehrhaus Nieder-Ramstadt durchgeführten, Seminar zur Brandbekämpfung und Menschenrettung in Verkehrstunneln mit Teilnehmern aller beteiligten Feuerwehren und Personal des Rettungsdienstes.

Aber auch aus Besuchen der Hessischen Landesfeuerwehrschule oder den Besuchen bei anderen Feuerwehren, die einen Tunnel betreuen lassen sich immer wieder neue Taktiken ausarbeiten.
Das Thema „Brandbekämpfung und Menschenrettung im Lohbergtunnel“ haben sich zwei Einsatzkräfte der Feuerwehr Mühltal Nieder-Ramstadt zu Herzen genommen und in vielen Stunden ein neues, wegweisendes Konzept für den Einsatz im Lohbergtunnel erarbeitet und dieses im Anschluss allen beteiligten Feuerwehren bei einem Einsatz im Lohbergtunnel präsentiert. Hierunter zählten neben der Feuerwehr Ober-Ramstadt auch die Berufsfeuerwehr Darmstadt.

Anders als bei Zimmer- oder Wohnhausbränden gibt es für Einsätze im Lohbergtunnel keine direkte Feuerwehrdienstvorschrift bzw. ein eindeutig geregeltes Vorgehen. Dies ist auch nicht möglich, da sich ein Feuer im Straßentunnel nicht unwesentlich von einem gewöhnlichen Brand unterscheidet. Hier sind verschiedene Faktoren für die Brandbekämpfung ausschlaggebend. Schon bei der Anfahrt wird versucht über die Tunnelleitzentrale in Eschwege die Windrichtung zu erörtern, da sie maßgeblich für den Angriff und die Personenrettung ist. So wird die Brandbekämpfung mit der Windrichtung begonnen. Oftmals ist ein Einfahren mit Löschfahrzeugen in die Hauptröhre nicht möglich, es kommen in solch einem Fall extra bestückte Tunnelrollwagen zum Einsatz, die dann von den Einsatzkräften händisch eingeschoben werden. Temperaturverläufe von vergangenem Tunnelunglücken zeigen, dass die Brandbekämpfung mit der Windrichtung das Vorgehen und das Ergebnis verbessert. So sieht das Konzept auch bei der Brandbekämpfung ein besonderes Vorgehen vor. Es geht nicht nur darum die Brandursache und das Voranschreiten des Feuers zu unterbinden, auch das Kühlen der Gebäudestruktur ist ein wichtiger Bestandteil. Zu dem, können die Personen, die sich entgegen der Windrichtung befinden meist eigenständig die Röhre verlassen. Im Gegensatz zu den Personen, die sich im Bereich der Brandausbreitung respektive in Windrichtung bewegen. Hier setzt das Konzept mit der Menschenrettung an. In Gruppen aus jeweils sechs Personen, die sich im Vorfeld an einem Sammelplatz gruppieren wird über die Fluchtstollen die Personenrettung begonnen. Nach besonderen Vorgaben beginnt die Suche vom Querschlag (Notausgang) in Richtung Röhrenhauptausgang. Werden Patienten in der Röhre gefunden, werden diese umgehend in den Fluchtstollen gebracht, wo sich bereits weiteres Personal zur Übernahme und zum Abtransport befindet. Sollten Personen in Fahrzeugen aufgefunden werden, werden diese im Idealfall darauf hingewiesen in ihrem PKW zu bleiben um sie Stück für Stück und je nach Verletzungsbild in den Fluchtstollen zu begleiten. An dieser Stelle ist es wichtig zu wissen, dass man in solch einem Fall Fenster geschlossen halten, den Motor abschalten muss und auf Anweisungen der Einsatzkräfte warten und reagieren soll. Eine weitere Besonderheit ist die Ausstattung der vorgehenden Einsatzkräfte. Diese sind neben Atemschutzgeräten, Kennzeichnungsleuchten und einer rollbaren Trage auch mit Blindenstöcken ausgerüstet. Übungen haben ergeben, dass die Sensibilität, die ein Blindenstock bietet das suchen in der verrauchten Tunnelröhre wesentlich erleichtert. Durch die Länge der Stöcke kann auch Problemlos unter Lastkraftwagen gesucht werden.

Die im Tunnel gefunden Personen werden anschließend wie erwähnt in den Fluchtstollen verbracht und im Anschluss „markiert“. Dies geschieht mit Reflektorbändern, die man aus dem Fahrradbereich kennt. Am Ende des Fluchtstollens erwartet die betroffenen Personen ein extra eingerichteter Sammelplatz an dem die Anzahl und die Verletzungsbilder durch Einsatzkräfte der Feuerwehr und des Rettungsdienstes aufgenommen werden und anschließend der Abtransport durch den Rettungsdienst koordiniert wird.
Neben den „handwerklichen“ Tätigkeiten im Tunnel muss auch die Koordination aller Einheiten binnen Minuten sorgfältig geplant und koordiniert werden. Hierzu werden verschiedene Abschnittsleiter berufen, die zu Beginn koordiniert vom Einsatzleiter, ihre Bereiche organisieren und Rückmeldung an die Einsatzleitung geben. Zu einem späteren Zeitpunkt wird die Einsatzleitung dann vom Einsatzleitwagen der Feuerwehr Mühltal in den größeren Einsatzleitwagen 2 der Feuerwehr Pfungstadt verlagert.
Am Ende der Übung, bei dem das Szenario „brennt LKW im Lohbergtunnel, mehrere Personen noch im Tunnel“ abgearbeitet wurde, stellte Gemeindebrandinspektor zufrieden fest, dass das Konzept schon bei der ersten Übung erfolgreich umgesetzt wurde. In weiteren auch kleineren Übungen muss nun der Feinschliff geprobt werden.
An der Übung waren die Freiwilligen Feuerwehren Mühltal, Ober-Ramstadt, Pfungstadt sowie die Berufsfeuerwehr Darmstadt beteiligt.

Ein Dank geht an dieser Stelle an das Personal des Rettungsdienstes, dass sich trotz der wenigen Übungen miteinander sofort ein Team mit der Feuerwehr bildete. An der Übung nahmen so knapp 100 Kräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst teil. Ebenfalls vor Ort waren Mitarbeiter von Hessen Mobil, die für den Lohbergtunnel zuständig sind. Auch an dieser Stelle ein Dank.